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Das Infragestellen evolutionären Voraussetzungen für endogene Retroviren

In einem 2006 Vortrag am Emmanuel College, Cambridge,1,  Dr. Graeme Finlay, Graeme Finlay, Immunologe, Krebsbiologe und Christ, einige bemerkenswerte Aüßerungen über die genetischen Ähnlichkeiten zwischen den Genomen von Menschen und nicht-menschlichen Primaten (NHP)2  gemacht. Er ist zum Schluss gekommen, dass diese Ähnlichkeiten unwiderlegbaren Beweis dafür darstellen, dass Menschen und andere Primaten von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen.3  Dr. Finlay hat seine Fachkenntnisse in Krebsbiologie eingesetzt, um die Beweise für diese gemeinsame Abstammung zu erklären. Den Vortrag fand ich beeindruckend.

Viel von dem, was in die Formulierung von einer wissenschaftlichen Hypothese oder ins Design eines Experiments hineinfließt, leitet man von Annahmen und Fakten, die Ergebnisse früheren Studien sind, ab. Das regelmäßige und zuverlässige Werken der Natur und die Wiederholbarkeit der Ergebnisse in kontrollierter wissenschaftlichen Experimentierung zusammen machen das Herzstück der wissenschaftlichen Forschung und des technologischen Fortschritts aus. Ohne rationales Schlussfolgern auf Grund früheren Beobachtungen, wäre wissenschaftlicher Fortschritt lahmgelegt.

Wissenschaftler wenden induktives Denken im Bereich der komparativen Genomanalyse, um funktionelle Element in den unterschiedlichen Genomen zu identifizieren. Der Wissenschaftler geht davon aus, wenn die Funktion einer gewissen Gensequenz in einem gewissen Genom schon bekannt ist, und er eine identische oder ähnliche Sequenz im Genom eines anderen Organismus findet, kann er vorläufig davon ausgehen, dass diese eine ähnliche (wenn nicht identische) Funktion im Genom des zweiten Organismus hat. Selbstverständlich kann er nicht beweisen, dass die gleiche Funktion im unbekannten Genom existiert, ehe er ein Experiment mit rigorosen Kontrollen entwirft und durchführt, so dass er die Funktionen der ähnlichen Gensequenzen tatsächlich misst und vergleicht. Es ist aber oft der Fall, besonders in der Forschung der multizellularen Organismen, dass ein solches Experiment zu komplex ist. Daher verlässt er sich auf induktives Denken, um einige Schlüsse ziehen zu können. Dies ist ein Schlüsselkonzept in vielen Genomstudien und in den Äußerungen von Dr. Finlay bezüglich des Beweises für die gemeinsame Abstammung.

Mit Viren infizierten Zellen, klonale Expansion, und gemeinsame Abstammung

In seinem Vortrag hat Dr. Finlay erklärt, wie die Infektion von Zellen mit einer Art Retrovirus—menschliches T-Zellen Leukämievirus (HTLV)—mit mehrfachen, zufallsbedingten Insertionen der HTLV proviralen DNA an unterschiedlichen Stellen der chromosomalen DNS der Wirtszelle. Viel später und nachdem die Zell mit HTLV infiziert ist, kann Leukämie entwickeln. Geschieht das, wird es beobachtet, dass jede leukämische Zelle im infizierten Organismus die genau-gleichen Insertionsstellen für die HTLV provirale DNS teilen. Wenn ein Retrovirus eine Zelle infiziert, wir seine genomische Sequenz ins Chromosom der Wirtszelle eingefügt. Eine gemeinsame Insertionsstelle in jeder leukämischen Zelle weist darauf hin, dass Leukämie durch klonale Expansion  einer einzigen HTLV-infizierten Zelle entsteht, und nicht durch mehrere Zellen, die unabhängig von einander infiziert wurden. Wenn Leukämie durch mehrere unabhängig-infizierte Zellen entstanden wäre, würden die Insertionsstellen unter den leukämischen Zellen des Wirtsorganismus unterschiedlich sein. Leukämie kommt daher aus einem einzigen Insertionsereignis (unter vielen). Diese klonale Expansion der entarteten Zellen ist eine wohlbekanntes Kennzeichen von Krebs.

Dr. Finlay hat diese wohlbekannte Tatsache der klonalen Expansion in den vergleichenden Analysen der chromosomalen Sequenzen von Menschen und NHPs angewandt. Die Chromosomen aller Hominiden sind mit Sequenzen von endogenen retroviralen (ERV) Elementen durchsetzt. Um 8 Prozent des menschlichen Genoms besteht aus ERV Sequenzen unbekannter Ätiologie  (Ursprung). ERVs werden so benannt, weil sie Sequenzhomologie und andere Eigenschaften mit bekannten Retroviren teilen. Anders als moderne Retroviren (z.B. HIV) ist kein menschliches ERV noch funktionell infektiös. Und es ist nicht nur der Fall, dass die Genome mit ERVs durchsetzt sind, sondern auch, dass man gemeinsame ERV-Sequenzen an den gleichen, spezifischen Insertionsstellen in den unterschiedlichen Chromosomen der Hominiden findet. Da diese ERVs nicht mehr infektiös sind aber trotzdem an den identischen Stellen in den Genomen, soll man, laut der Theorie der klonalen Expansion, schlussfolgern, dass sie auf eine Abstammung von gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen sind. Mit anderen Worten: Da alle Menschen die Gleichen 400.000 ERV Elemente “als Teil ihrer gemeinsamen genetischen Veranlagung“ teilen, „müssen die Keimbahnzellen, die diese ursprünglichen Infektionen weiter erhalten, von uns allen geerbt sein.”5

Da Menschen und NHPs viel tausende chromosomale ERV-Insertionsstellen teilen, muss diese Tatsache auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen sein, der mit einem ERV Progenituren infiziert wurde, ehe die unterschiedlichen Hominiden evolutionsgeschichtlich divergiert haben. Wie im Fall der leukämischen Zellen und obwohl die ersten viralen Insertionsereignissen völlig willkürlich waren, weist die Tatsache, dass alle Nachfahren die identischen Insertionen in ihren Genomen teilen, darauf hin, dass ein einziges Infektions-und-Insertionsereignis stattfand, und, dass gemeinsame Abstammung diese Tatsache erklärt.

Die Voraussetzungen unter der Lupe

Dr. Finlay hat behauptet, dies sei verblüffender und unwiderlegbarer Beweis für die gemeinsame Abstammung. Wenn man seiner Voraussetzungen glaubt, hat er absolut recht. Aber diese Voraussetzungen sind viele und, obwohl sie plausibel sind, sind sie auch vielleicht nicht so wasserdicht wie er und andere Neo-Darwinisten es glauben.

Seine Voraussetzungen laufen dieser Logikkette entlang: (1) ERVs sind evolutionäre Markenzeichen für Virusinfektionen und Insertionsereignisse; (2) Infektion durch ERV virale Progenituren fand in den Gameten oder Gametenvorläufer eines gemeinsamen Vorfahren der Hominiden; und (3) nach der Infektion wurden die Virussequenzen dieser ERV-Progenitur willkürlich in den Genomen dieser Vorfahren eingefügt. Diese ERV-Elemente wurden dann an alle Nachfahren vererbt, inklusiv aller divergenten Spezies, die vom erst-infizierten Vorfahren abgezweigt sind. Darüber hinaus nimmt er an, dass ERVs in den Genomen, wo sie heute sind, weitgehend nicht-funktionell sind. Ich bin Molekularbiologin und Virologin. Ich bestreite einige dieser Behauptungen und ich denke, es gibt gute Gründe, die Voraussetzungen des Herrn Dr. Finlay in Frage zu stellen.

Bezüglich der ersten zwei Voraussetzungen sollen wir folgendes in Betracht ziehen. Wir wissen, dass Virusvermehrung auf einer Ebene durch die Zellentypen, die das Virus infizieren kann, begrenzt ist. Diese Begrenzung wird oft auf der Ebene des Eindringens vom Virus in die Zelle durch Proteinrezeptoren auf der Zellenoberfläche geregelt. Wir wissen, dass menschliche Retroviren somatische Zellen infizieren, überwiegend die hämatopoetischen Ursprunges, und nicht Gameten oder Gametenvorläufer. Gametische Zellentypen scheinen die richtigen Rezeptoren fürs Eindringen von Viren nicht zu haben.6

Ein zweites Hindernis für provirale Insertion findet man in der Beobachtung, dass die retrovirale DNS mancher Retroviren sich nicht in die DNS von ruhenden (inaktiven), nicht-replizierenden Zellen einfügen7—Gameten zum Beispiel.8  Daher steht provirale Integration ins ur-gametische Chromosom steht vor zwei bekannten Hindernissen: das eine am viralen Eingangspunkt (sozusagen) und ein weiteres in der proviralen Integration. Diese sind nicht-trivialen, wissenschaftlichen Einwände gegen die ersten zwei Voraussetzungen des Herrn Dr. Finlay. Wenn Ur-Retroviren trotzdem die Gametenvorläufer eines vorgeschlagenen gemeinsamen Vorfahren hätten infizieren können, dann wäre die Existenz diese gemeinsamen ERV-Sequenzen an identischen Stellen in allen (oder fast allen) Genomen der Nachkommen zu erwarten.

Obwohl spannende Beobachtungen der Aktivität der Koala-Retroviren (KoRV) in Koalas in der Gefangenschaft und wilden Koalas Elemente der Endogenisierung (das Etablieren von proviralen Sequenzen in der Keimbahn) vielleicht erhellen, sollen wir uns davor hüten, zu viel aus diesen Beobachtungen zu schlussfolgern.9  Dass die KoRV neulich entstanden sind (geschätztes Datum ca. 1900), könnte eine Relevanz für die Anwesenheit von gemeinsamen ERVs in den Genomen der Hominiden haben oder auch nicht. Wie für die meisten anderen Retroviren und ERVs bleibt der Ursprung der KoRV und des eng-verwandten Gibbon-Affe Leukämie Virus (GALV), das man unter Gibbons in der Gefangenschaft findet, unbekannt. Diese Retroviren gebrauchen fürs Eindringen in die Zelle eine andere Klasse der zellularen Rezeptoren. Dadurch infizieren sie eine breitere Vielfalt an Wirtorganismen (Primaten und Beuteltiere) und weisen einen breiteren zellularen Tropismus auf (somatische und Keimbahn-Zellen in Koalas).10  Die größere Verteilung und gemeinsame Ähnlichkeit der zellularen Rezeptoren in und unter Spezies können vielleicht ein Schlüsselfaktor für die Endogenisierung, die wir beobachten, und daher dürfen wir nicht zu viel aus begrenzten Daten schlussfolgern.

Insertionsstellen sind nicht “willkürlich”

Trotz der frühen Befunde in vitro sehen wir jetzt, dass retrovirale Insertionsstellen nicht willkürlich gewählt werden. Unterschiedliche Retroviren haben im unterschiedlichen Grad Insertionsstellenpräferenzen. Manchen erweisen eine Vorliebe für gewisse Stellen und andere weisen eine Integrationsspezifizität auf der Ebene der primären Sequenz. Jetzt ist uns eine Vielfalt von Faktoren bekannt, die Integrationsstelle-Spezifizität beeinflussen.11Diese sind unter anderen unterschiedliche virale Proteine (IN, Gag, U3 LTR), Chromatin-Zugänglichkeit (A/T-reich-verzerrte DNS und nach außen-gerichtete Großrillen), Wirkungen auf den Zellenzyklus (Integration in sich-teilenden Zellen findet mit einer weit höheren Rate statt), und zunehmende Stellenspezifizität wird in Integration in sich nicht-trennende Zellen beobachtet), und Ko-Faktoren für zellulare Integration (anbindende Proteine wie LEDGF/p75, Gen-regulierende Elemente, und epigenetische Marker). Da eine Spanne von Insertionsstellen-Spezifitäten und unterstützende Faktoren für die unterschiedlichen Retrovirusklassen existiert, ist es möglich, dass retrovirale Infektionen, die diese gemeinsamen ERV-Stellen in NHP-chromosomalen Segmenten etabliert hatten, hatten noch größere Spezifizität für die Auswahl von Insertionsstellen als diejenigen, die wir bisher aktiv getestet und beobachtet haben.

Und weiter. Trotz der Vererbbarkeit der ERVs an gemeinsamen Insertionsstellen die Abwesenheit von spezifischen ERV-Sequenzen in manchen NHP-Genomen untergräbt das Paradigma der gemeinsamen Abstammung. Man findet HERV-K GC1 in Schimpansen, Bonobos, und Gorillas, aber nicht in Menschen.12  PtERV1 ist in Schimpansen und Menschenaffen vorhanden aber nicht in Menschen und Orang-Utans.13  Wie andere gemerkt haben, untergraben diese Befunde die Idee, dass eine Infektion in der Urzeit eine angestammte Primatenabstammungslinie infiziert hatte, da, laut der phylogenetischen Analyse der Spezies, Menschenaffen (inklusiv Menschen) einen gemeinsamen Vorfahren mit Altweltaffen teilen.14  Eine weitere Beobachtung der geteilten NHP ERVs ist, dass trotzt der Vorhersagen der Evolution, es eine Divergenz der Sequenzen in den gepaarten 5’ und 3’ proviralen LTRs (long terminal repeats) gibt;15  und sie sammeln unterschiedlich Mutationen mit ähnlicher Geschwindigkeit nach der Insertion an. Diese Divergenz zwischen LTR Sequenzen an einer einzigen gemeinsamen ERV-Stelle ist manchmal weit signifikanter in einer Spezies als in einer anderen, was auf unterschiedliche Insertionszeiten zwischen den zwei Spezies hindeutet.16  Zum Beispiel: Die eingeschätzte Divergenz der 1p31.1a proviralen LTRs in Schimpansen ist 6.5 Mal größer als das, was wir in Menschen sehen. Das menschliche 1p31.1a ist auch dimorphisch mit Einzel-LTR und Provirus und sich dadurch vom Ortholog in Schimpansen unterscheidet. Diese Ergebnisse deuten auf ein viel jüngeres Integrationsereignis in Menschen als in Schimpansen an den orthologen  Stellen.17

Obwohl Argumente auf Grund der Evolution gemacht werden, um diese Beobachtungen zu erklären,18 bieten unabhängige ERV-Infektionsereignisse mit ähnlichen Spezifitäten der Insertionsstelle einfachere, stichhaltige Erklärungen für ERVs, die nicht mit phylogenetischen Vorhersagen auf Grund der Speziesverwandtschaft der NHPs übereinstimmen. Das von Reasons to Believe entwickelte Modell des gemeinsamen Designs bietet auch eine einfachere Erklärung für mehrfache ERVs, die nicht in den phylogenetischen Stammbäumen der Primaten passen: Sie dienen relevanten Funktionen und sind keine Artefakte der Evolution.

Wichtige Bemerkung zur NHP-Genomanalysen

Verfechter der Evolution gehen häufig davon aus, dass ERVs—zusammen mit den meisten anderen sich wiederholende Elemente („RE“ auf Eng. „repetitive elements”) im menschlichen Genom—nicht-funktionelle Überreste der Evolution sind. Viele beginnen mit dieser Vorannahme, im Glauben, dass diese induktiven Schlussfolgerungen Wissen seien. Sie berufen sich auf die Sequenzierungsdaten gesamter Genomen (WGS auf Eng. „whole genome sequence“) für Menschen, Schimpansen, Gorillas, Bonobos, Orang-Utans, Neandertaler, Denisovaner, und viele anderen. Aus diesen Sequenzen betonen sie die Daten, die ihre Vorannahmen unterstützen und bauen darauf unterschiedliche Szenarien, welche die ihrem vorhersagenden Modell widersprechenden Daten wegerklären.

Diese WGS sind echt bewundernswerte Leistungen; aber wir müssen einräumen, dass enorme Mengen an Information uns undurchdringlich und unzugänglich bleiben. Obwohl es weit und breit berichtet wird, dass das Sequenzierung des menschlichen Genoms in 2004 “fertiggestellt” wurde, bleiben 10 Prozent davon bis heute nicht sequenziert, weil diese Genen im unzugänglichen, dichtverpackten Heterochromatin  (~8 Prozent) befindet, oder weil sie mit vielen sich wiederholenden Sequenzen durchsetzt sind, die wir noch nicht zusammenstellen können (~2 Prozent).19  Die Mehrheit dieser Sequenzen werden einfach im Genomvergleich außer Betrachtung gelassen wegen drei Faktoren:

  1. Die enge Verbundenheit des (konstitutiven) Heterochromatin mit seinen assoziierten Proteinen macht es den aktuellen Methoden für die Gewinnung der chromosomalen DNS für Analyse unzugänglich.
  2. Heterochromatin ist mit sich häufig wiederholenden Sequenzen durchsetzt. Das gleiche gilt viel von dem bis jetzt sequenziertem Euchromatin. Es ist technisch sehr anspruchsvoll, diese Arten von höchst-repetitiven Sequenzen genau abzugleichen, weil sie sehr kurze Lesesequenzen (Eng. “reads”) haben, die an die Grenzen der heute verfügbaren Algorithmen fürs Abgleichen stoßen.
  3. Es fehlt uns den interzellularen regelnden Zugang zu viel vom dicht-verpackten Heterochromatin und die Grundeigenschaften der sich wiederholenden Elemente geben Evolutionstheoretiker Anlass fürs Argument, dass sie für Funktionsstudien und vergleichende Genomstudien relativ unbedeutend sein müssen.20

All diese Argumente ruhen überwiegende auf die falsche Inferenz, dass diese Sequenzen (diejenigen, die im Heterochromatin und den sich häufig wiederholenden Sequenzen in Euchromatin gefunden werden) wenig oder unbedeutend sein müssen. Der kritische Fehler in dieser Voraussetzung ist, dass wir nicht einräumen, dass unsere Forschung der Komplexitäten des menschlichen Genoms noch in den Windeln steckt.

Genauso wie im Fall von der willkürlichen Auswahl der Insertionsstellen werden diese Voraussetzungen durch jüngere Forschungsergebnisse in Frage gestellt. Gene und regulierende Elemente wurden im Heterochromatin gefunden. Heterochromatinsequenzen können vielleicht spezifische Rollen in der Entwicklung (oder im Gewebe), die nicht in Momentaufnahmen der Genomanalyse aufgenommen werden können.Diese Analyse werden manchmal an immortalisierte Zelllinien durchgeführt und nicht an primäre, Gewebe-spezifische Zellen.21Information in den veröffentlichten Genomen mögen vielleicht unser Verständnis der Unterschiede innerhalb der verschiedenen Gewebe und während unterschiedlichen Entwicklungsstadien, und unter verschiedenen Stressoren. Obwohl diese Variationen unwahrscheinlich die primären DNS Sequenzen drastisch ändern können (wir haben gefunden, dass Variationen der Kopienzahlen signifikantere Rollen in phänotypischer Variabilität auf der zellularen oder organismischen Eben haben, als wir bisher verstanden haben), können sie bestimmt zu Veränderungen in der chromosomalen Architektur und Aktivität beitragen. Was man jetzt für unveränderlich hält, könnte sich später als fließend entlarven und signifikante Einflüsse auf der Ebene des Individuums haben. Daten, die künftig aus der Analyse der Transcriptome  (RNA Molekule) und Proteome  gewonnen werden, werden die Unterschiede weiter definieren—aber diese neuen Daten werden auch die zu bewältigende Informationsmenge exponentiell vermehren.

ERVs und REs haben signifikante Funktion

Forscher haben entdeckt, dass die einst für funktionslose “Junk” gehaltene REs (sowie ERVs) funktionell sein können (Lesen Sie hier  und hier)22.  Manche ERVs wurde transkribiert und wir haben gelernt, dass sie spezifische Funktionen in verschiedenen Zellen und Geweben haben. Manche REs üben regelnde Funktionen aus und andere wirken auf die Nähe der anderen Regulatoren für spezifische Genen, die auch auf Genexpression und Funktion auswirkt. Darüber hinaus kommen REs häufig in langen Chromosomstrecken vorkommen und möglicherweise Flexibilität für Genomrestruktuierung in komplexen adaptiven Situationen. Angesichts dieser Entdeckungen ist es wichtig, dass weitere Funktionen höchstwahrscheinlich noch in den schon identifizierten ERVs und in noch nicht identifizierten ERVs versteckt sind.

Laut dem Schöpfungsmodell von RTB spielen diejenigen ERVs oder REs, die allen NHPs mit minimaler Divergenz gemein sind, wahrscheinlich die gleichen Rollen in allen Spezies. ERVs oder REs, die signifikant anders sind oder charakteristisch für Menschen sind (oder sogar einzigartig in manchen Menschen vorkommen), tragen wahrscheinlich zu einzigartigen die artübergreifenden und Interspezies-Eigenschaften.

Andere Überlegungen, die nicht außer Acht gelassen werden sollen, wenn wir unsere Vorannahmen bezüglich der Anwesenheit der gemeinsamen ERVs in Primatengenomen formulieren, hängen davon ab, dass die Ursprünge der Retroviren und andere Virusfamilien sind unbekannt. Alle Viren sind auf lebendige Zellen für ihre Fortpflanzung angewiesen. Ein Virus kann sich nicht unabhängig von einer lebendigen Zelle replizieren. Die Zelle liefert ihm Energie und Mechanismen für Replikation. Das RTB-Modell schlägt einen Schöpfer vor, der mit Voraussicht und Raffinesse die adaptiven Mechanismen entworfen hat, die den Organismen die Fähigkeit verliehen, in Stresskonditionen und Zeiten des Wandels zu überleben und zu gedeihen. Da Wissenschaftler Funktion für manche ERVs entdeckt haben, ist es möglich, dass ERVs und vertauschbare Elemente können Teil dieser Mechanismen sind.

Evolutionäre Voraussetzungen müssen sich ändern

Angesichts des zunehmenden Beweises, der evolutionäre Voraussetzungen in Frage stellen, ist ihre Beharrlichkeit bedauerlich. Die schlimmste Auswirkung der evolutionären Erklärung der ERVs in menschlichen und NHP-Genomen ist, dass sie wissenschaftliche Forschung und Fortschritt hindert, indem sie den REs und ERV-ähnlichen Elementen in den NHP Genomen für Artefakte der Evolution halten und ihnen keine Signifikanz zuschreiben. Wenn wir diese Sequenzen in ein Paradigma zwingen, das sie für insignifikant und nur evolutionäre Relikte hält, hält uns davon ab, diese Sequenzen weiter für einzigartige, gemeinsame oder charakteristische Funktionen zu untersuchen. Gewissermaßen ist das, was andere ein klassisches Beispiel davon, wie man eine objektive Analyse der Daten aus der Bahn wirft.23

Wir müssen uns daran erinnern (oder zum ersten Mal erkennen), dass wir nur gerade eben damit begonnen haben, die Komplexität des menschlichen Genoms zu enträtseln. Wir brauchen noch Jahrzehnte von dedizierter, gut-ausgedachter Forschung ohne Voraussetzungen bis wir es verstehen. Es ist keine Überraschung, dass die Feinheiten und Komplexitäten, die wir entdecken, unsere Fantasie sprengen werden. Die verschlungenen Netzwerke weisen eine außerordentliche Orchestrierung und Feinabstimmung auf, und sie wiederum weisen auf ein bewundernswertes, komplexes Design hin. Je größer die Komplexität und Funktionalität des menschlichen Genoms, desto größer die Impedanz für plausible neo-darwinistischen Erklärung. Aber Entdeckungen dieser Art weisen auf ein bewundernswertes und komplexes Design, sind genau was das RTB-Schöpfungsmodell vorhersagt. Es überrascht noch mehr, dass, je mehr wir über die grandiose Orchestrierung der verschiedenen Symphonien lernen, die in jeder Zelle spielen, desto weniger Menschen die deutlich-klaren Leitmotiven eines genialen Komponisten erkennen wollen.24

Endnoten
  1. Graeme Finlay, “Human Genetics and the Image of God” (lecture, Queen’s Lecture Theatre, Emmanuel College, Cambridge, 7. November.2006). Transkript verfügbar. https://www.faraday.st-edmunds.cam.ac.uk/CIS/Finlay/lecture.htm.
  2. Nicht-menschliche Primaten schließen die nicht-menschlichen Mitglieder in der taxonomischen Ordnung Primaten (e.g., Lemuren, Loris, Tarsiers, Neuweltaffen, Altweltaffen, und Menschenaffen).
  3. Kern-DNS-Sequenzen sind jetzt für Neandertaler und Denisovaner verfügbar. Genomische Vergleiche und Argumente, die auf gemeinsame Abstammung weisen, sind jetzt erweitert worden, um diese ausgestorbenen Hominiden auch umzufassen.
  4. Für eine kurze Lehre über HIV retrovirale Infektion und Integration, schauen Sie dieses YouTube Video: https://www.youtube.com/watch?v=eS1GODinO8w. Schauen Sie den Abschnitt vom Anfang (0:00) bis Zeitindiz 2:43.
  5. Finlay, “Human Genetics.”
  6. Die Vermutung, dass HIV Spermien infizieren kann, existiert, aber die aktuelle Dogma unter Retrovirologen wiederspricht sie.
  7. Die Debatte, ob retrovirale Infektion und Integration in ruhenden Zellen stattfinden geht weiter. Wenn sie stattfindet, geschieht es sehr selten. Wenn sie stattfindet, ist Insertion weit weniger willkürlich und scheint, begünstigt die Region der aktiv-transkribierten Genen.
  8. Gametische Vorläufer (i.e., Gametogonium und primäre Gametozyten) replizieren DNS während Mitose und Meiose.
  9. Jon J. Hanger et al., “The Nucleotide Sequence of Koala (Phascolarctos cinereus) Retrovirus: A Novel Type C Endogenous Virus Related to Gibbon Ape Leukemia Virus,” Journal of Virology 74 (Mai 2000): 4264–72, doi:10.1128/JVI.74.9.4264-4272.2000; Rachael E. Tarlinton, Joanne Meers, und Paul R. Young, “Retroviral Invasion of the Koala Genome,” Nature 442 (Juli 2006): 79–81, doi:10.1038/nature04841.
  10. Nidia M. Oliveira, Karen B. Farrell, und Maribeth V. Eiden, “In Vitro Characterization of a Koala Retrovirus,” Journal of Virology 80 (März 2006): 3104–7, doi:10.1128/JVI.80.6.3104-3107.2006.
  11. Sébastien Desfarges and Angela Ciuffi, “Retroviral Integration Site Selection,” Viruses 2 (Januar 2010): 111–30, doi: 10.3390/v2010111; Heather A. Niederer and Charles R. M. Bangham, “Integration Site and Clonal Expansion in Human Chronic Retroviral Infection and Gene Therapy,” Viruses 6 (Oktober 2014): 4140–64, doi:10.3390/v6114140.
  12. Madalina Barbulescu et al., “A HERV-K Provirus, in Chimpanzees, Bonobos, and Gorillas, but Not Humans,” Current Biology 11 (Mai 2001): 779–83, doi:10.1016/S0960-9822(01)00227-5.
  13. Chris T. Yohn et al., “Lineage-Specific Expansions of Retroviral Insertions within the Genomes of African Great Apes but Not Humans and Orangutans,” PLoS Biology 3 (April 2005): e110, doi:10.1371/journal.pbio.0030110.
  14. The Chimp Genome Reveals a Retroviral Invasion in Primate Evolution,” PLoS Biology 3 (April 2005): e126, doi:10.1371/journal.pbio.0030126.
  15. LTRs sind “long terminal repeats” an den 5’ und 3’ Termini der proviralen DNS. Die 5’ und 3’ LTRs haben identische Sequenzen vor Integration.
  16. Diese Divergenzraten sind für die unterschiedlichen interspezies-Mutationsraten normalisiert, um den Vergleich zu begünstigen.
  17. Catriona M. Macfarlane und Richard M. Badge, “Genome-wide Amplification of Proviral Sequences Reveals New Polymorphic HERV-K(HML-2) Proviruses in Humans and Chimpanzees That Are Absent from Genome Assemblies,” Retrovirology 12 (April 2015): id. 35, doi:10.1186/s12977-015-0162-8.
  18. Ibid.; Desfarges und Ciuffi, “Retroviral Integration Site Selection”; Niederer und Bangham, “Integration Site and Clonal Expansion.”
  19. Wentian Li und Jan Freudenberg, “Mappability and Read Length,” Frontiers in Genetics 5 (November 2014): 381, doi:10.3389/fgene.2014.00381.
  20. Unbedeutend es sei denn, dass die sich wiederholende Elemente als Zeichen der gemeinsamen Abstammung gedeutet werden.
  21. Nehmé Saksouk, Elisabeth Simboeck, und Jérôme Déjardin, “Constitutive Heterochromatin Formation and Transcription in Mammals,” Epigenetics & Chromatin 8 (Januar 2015): id. 3, doi:10.1186/1756-8935-8-3.
  22. Graeme Finlay, Stephen Lloyd, Stephen Pattemore, und David Swift, Debating Darwin: Two Debates: Is Darwinism True, and Does It Matter? (Milton Keynes, UK: Paternoster, 2009), 158–60.
  23. Gerald Rau, Mapping the Origins Debate: Six Models of the Beginning of Everything (Downers Grove: InterVarsity, 2012), 116.
  24. 24. Römer 1,19–23 (NLT) erhellt diese fehlende Erkenntnis: “19 weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart. 20 Denn sein unsichtbares ⟨Wesen⟩, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung sind; 21 weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen auf Nichtiges verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. 22 Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden 23 und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes vom vergänglichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren.”