Beweisen die Bilder des James Webb Weltraumteleskop, dass der Urknall nicht geschah?

Das James Webb Weltraumteleskop (JWST) beginnt gerade jetzt uns Bilder des Universums zu liefern, die wir noch nie gesehen haben. . Die erstaunliche Klarheit der Bilder aus dem neuen Teleskop helfen Wissenschaftlern die Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute. Eine auf die ersten Bilder begründete Behauptung hat aber schöne zur Kontroverse geführt und damit die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gelenkt. Physiker und Wissenschaftsjournalist Eric Lerner hat argumentiert, dass das JWST beweist, dass der Urknall nicht geschah! Nehmen wir diese Behauptung unter die Lupe und feststellen, wie wir zu reagieren haben.

Eric Lerner’s Plasma-Kosmologie
Eric Lerners Behauptung ist aber keine neue. Er hat diese Ansicht zum ersten Mal vor 30 Jahren in seinem Buch The Big Bang Never Happened: A Startling Refutation of the Dominant Theory of the Origin of the Universe! artikuliert. Statt Schwerkraft als Triebkraft der Dynamik des Universums auf großer Skala (wie die Urknall-Kosmologie) zu nehmen, nimmt Lerners Plasma Kosmologie die elektromagnetischen Kräfte als vorherrschend. Laut Lerner: Wenn Plasmaphysik die Formation der Galaxien, Sterne, und alle Eigenschaften des Universums regelten, hätte das Universum keinen Anfang. Lerner behauptet, dass die Zusatzelemente der Urknalltheorie, dunkle Materie und dunkle Energie, in seinem Modell nicht nötig sind.

Wie man erwarten würde, reagierten Wissenschaftler darauf dadurch, dass sie sowohl die Daten, die Lerner im Argument gegen Urknallkosmologie verwendet, als auch die sein Modell unterstützenden Beweisindizien anerkannt und sich damit auseinandergesetzt haben. Eine solche Antwort auf sein Argument finden Sie in dieser Analyse von einem meiner Kollegen an der UCLA. Obwohl sie zuletzt in 2003 aktualisiert wurde, gelten diese Kritiken der Lernerschen Kosmologie noch heute.

Wie beeinflusst das JWST das Gespräch?
Lerners neusten Aussagen argumentieren dafür, dass die neuen Bilder vom JWST den Urknall widerlegen und mit den Vorhersagen seiner Plasmakosmologie übereinstimmen. Wir müssen allerdings vorsichtig vorangehen. Der stärkste Beweis für die Urknallkosmologie entstammt den Beobachtungen der kosmischen Hintergrundsstrahlung (CMB, z.B. durch die COBE, WMAP, Planck, und weitere Studien) und den Messungen der Distanz/Rotverschiebung-Beziehung, die wir durch die Beobachtung der Galaxien im Universum gewonnen haben. Keine der JWST Bilder beeinflussen diesen Beweis!

Zuerst einmal wurde das JWST nicht dafür entworfen, die CMB zu beobachten —es kann das sogar nicht. Zweitens wurde das JWST entworfen, entfernte Galaxien mit hoher Rotverschiebung zu erforschen. Keine der aktuellen Daten des JWST untergräbt die Unmenge an Beweis dafür, dass die Rotverschiebung mit der Entfernung systematisch zunimmt. JWST hat aber einige weit-entfernten Galaxien gefunden, die größer und weiterentwickelt sind, als man aus vielen Urknallmodellen erwartet hat. Lerner behauptet, die Beobachtungen dieser Galaxien diese Urknallmodelle widerlegen, während sie die Vorhersagen seiner Plasmakosmologie bestätigen.

Ist der Urknall tot?
Man soll sich aber daran erinnern, dass solche Diskrepanzen in den Naturwissenschaften oft vorkommen. Durch die ganzen 1970er, 80er, und bis in die 90er Jahren konnten Astronomen nicht mal Einigkeit zur Frage erreichen, ob das Universum eher um die 10 Milliarden oder etwa um die 20 Milliarden Jahren alt war, weil unterschiedliche Messtechniken unterschiedliche Altersbestimmungen ergaben! Während meines Werdegangs als Wissenschaftler habe ich Forschungsarbeiten in wissenschaftlichen Zeitschriften gelesen, in denen sowohl Sterne älter als das akzeptierte Alter des Universums, als auch kosmische Strukturen, die angesichts des Alters des Universums sich nicht hätte bilden können, vorkommen, und auch Messungen gesehen, die eine CMB zeigen, die zu glatt ist, die Formation der Sterne, Galaxien, und Galaxienhaufen zu erlauben. Der letzte Eintrag aus dieser Liste war Teil der Beweisführung, die Lerner dazu geleitet hat, sein alternatives Modell der Kosmologie zu entwickeln. In jedem oben aufgeführten Fall hat weitere Forschung der Wissenschaftler zu einem besseren, genaueren Verständnis der Urknallkosmologie geführt.

Wir wissen jetzt, dass Quantenfluktuationen in den frühsten Momenten des Universums die notwendigen Wellen in der CMB verursacht haben, und diese sich dann schlussendlich in die beobachtete Struktur des Universums entwickelt haben. Darüber hinaus haben Wissenschaftler die Größe dieser Strukturen und die CMB Wellen erforscht, um die mysteriöse dunkle Energie validiert, die um die 70% der Energiedichte des Universums ausmachen. Manchmal eliminiert weitere Forschung inkonsistente Messungen allmählich. Das ist der Fall mit dem diskrepanten Alter der Sterne. Heute werden die meisten Sterne, die einst als „älter als das Universum“ eingestuft wurden, werden jetzt mit einem Alter von weniger als 14 Milliarden Jahren datiert. Aber die Analyse einer Handvoll Sterne ergibt noch ein Alter ein wenig älter als das des Universums. Wissenschaftler erwarten, dass weiterführende Forschung zur Resolution führen wird.

Manchmal leitet die Resolution einer Diskrepanz zur Entdeckung einer bisher unbekannten Diskrepanz. Zum Beispiel, wir wissen jetzt, dass das Universum 13,8 Milliarden Jahre alt ist. Rechnungen auf Grund der Rotverschiebung/Distanz-Beziehung ergeben ein Alter um die 13,8 Milliarden Jahren, aber eine Analyse der CMB-Wellen ergibt Daten näher an 12,5 Milliarden Jahren. Angesichts des überwältigenden Beweis für den Urknall finden Wissenschaftler diese Diskrepanzen willkommen, denn sie geben der weiteren Forschung einen wichtigen Impuls, um unser Urknall-Universum in größeren Detail!

Ein letzter Gedanke zu alternativen Modellen
Wissenschaftler formulieren alternative Modelle wie das von Eric Lerner oft. Auch der enorme experimentelle Erfolg der Relativitätstheorie halten viele Wissenschaftler einen anderen Ansatz, den man MOND nennt. In diesem Modell modifizieren sie die Newtonsche Dynamik. Oft können beide MOND und GR (Generalrelativität) Rechnungen die Daten aus Beobachtungen des Universums erklären. Dass MOND das Problem der dunklen Materie und Energie dadurch löst, dass es sie unnötig macht, finden viele Wissenschaftler attraktiv. Aber diese Lösung bedeutet, dass MOND keinen Mechanismus hat, der die Wirkung der Gravitation erklärt. Das ist ein hoher Preis. Generalrelativität hat einen solchen Mechanismus, der aus der Kurvatur der Raumzeit entsteht. Für die Mehrheit der Wissenschaftler erzeugt MOND ein größeres Problem, als es löst.

Lerners Plasmakosmologie leidet an ein ähnliches Problem. Auch wenn Plasmakosmologie die CMD, die Gestalten der Galaxien, Haufenbildung, und galaktische Evolution genauso gut hervorgesagt hätte, wie Urknallkosmologie es tatsächlich tat, bietet sie keine tragfähige Erklärung für die gut etablierte Rotverschiebung/Distanz-Beziehung. Urknallkosmologie bietet eine einfache Erklärung—das Universum dehnt sich aus.

Die neusten Bilder vom JWST rechtfertigen die enorme öffentliche Aufmerksamkeit, die Lerners Modell neulich genossen hat, nicht. Aber die Plasmakosmologie von Lerner verdient einen Platz am Tisch der Universums-erklärenden Modelle. Wissenschaft macht Fortschritt, wenn Theorie und Beobachtung übereinstimmen.