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Ist eine weltweite Flut wissenschaftlich möglich?

Schon lange haben Christen unter sich das Ausmaß der Sintflut in 1. Mose 6–9 debattiert. Typischerweise nimmt die Debatte die folgende Gestalt an: Kreationisten, die an eine alte Erde glauben (Eng. “old-earth creationists” oder “OEC”) behaupten, diese sei eine regionale Flut, während Kreationisten, die an eine junge Erde glauben (Eng. “young-earth creationists” oder “YEC”) behaupten, dass die Sintflut global war. Reasons to Believe ist der Überzeugung, dass die Sintflut (wodurch Gott die Menschheit auslöschte), nicht geographisch global war. Da die Menschheit sich noch nicht auf die Erde ausgebreitet hatte, war es nicht nötig, dass die Flut den ganzen Globus bedecke.

Welche Auslegung des Textes und der Beweise ist korrekt? Die Antwort leitet sich von einer anderen und sehr spezifischen Frage ab: Hat die Erde genug Wasser, die ganze Landoberfläche zu überschwemmen?

Die Gesamtmenge des Wassers auf der Erde ist weniger als ein Viertel derer, die nötig wäre, die ganze Landoberfläche des Planeten zu decken. Diese Behauptung klingt vielleicht unrealistisch, bis man erkennt, dass die Erde eigentlich wirklich wasserarm ist. Obwohl 71 Prozent der Erdoberfläche von Ozeanen überdeckt ist, macht Wasser nur ungefähr 0.1 Prozent vom Erdvolumen aus. Laut der U.S. Geological Survey, ist das Gesamtvolumen aller Wasserquellen der Erde, Salzwasser und Süßwasser, Eiskappe, Grundwasser und atmosphärsiches Wasser um die 332.500.000 Kubikmeilen. Der durchschnittliche Radius der Erde ist 3.959 Meilen. Das Volumen einer Kugel beschreibt die Formel 4/3πr3, wo r der Radius der Kugel ist. Das Volumen der Erde ist also um die 259.900.000.000 Kubikmeilen. Das Volumen vom atmospherischen Wasser ist ein wenig mehr als 3.000 Kubikmeilen, was in dieser Rechnung vernachlässigbar ist. Eine Kugel, die das ganze Wasser der Erde halten konnte, hätte einen Durchmesser um die 860 Meilen. Das ist ungefähr die Strecke zwischen Salt Lake City, Utah und Topeka, Kansas (eine coole Graphik sieht man hier). Oder stellen Sie Sich vor, die Oberfläche der Erde absolut glatt wäre und das ganze Wasser der Erde in einer sphärische Schale um die Erdoberfläche wäre. Diese Schale wäre ungefähr 2,81 Kilometer dick. Ist das genug, die Bergketten der Erde zu bedecken?

Mount Everest ist der höchste Berg der Erde und ragt 8.940,93 Meter (oder ungefähr 8,85 Kilometer) über den Meeresspiegel. Die durchschnittliche Höhe alle kontinentalen Landmassen ist ungefähr 2.755 feet (um die 0,52 Meilen).1 Anhand dieser Informationen können wir in erster Näherung abschätzen, dass das Wasservolumen, das benötigt wird, um den Mount Everest zu bedecken, einschließlich des gesamten derzeit auf der Erde vorhandenen Wassers, etwa 1.400.000.000 Kubikmeilen beträgt. Demzufolge ist das Gesamtvolumen vom Wasser auf der Erde nur ungefähr 24 Prozent des Gesamtvolumen, das notwendig wäre, Mount Everest zu bedecken.

Aber war Mount Everest so hoch zur Zeit der Sintflut, wie er jetzt ist? Oder war die Topographie der Erde damals wie sie heute ist? Man geht davon aus, dass der Mount Everest jährlich um etwa 4 Millimeter ansteigt (obwohl einige Geologen glauben, dass er in Wirklichkeit schrumpft). Wenn Mount Everest mit der gleichen Geschwindigkeit Jahrtausende lang gewachsen wäre, wäre Mount Everest vor 10.000 Jahren 38 Meter niedriger gewesen und vor 40.000 Jahren 152 Meter niedriger. Für die oben-angeführten Rechnungen würde das im Grunde genommen keinen Unterschied machen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Kontinentalplatten der Erde durch plattentektonische Wirkung in einer Größenordnung von 1-10 Zentimetern pro Jahr bewegen. Noch einmal: Diese Geschwindigkeit würde über einer Zeitspanne von 40.000 Jahren eine Änderung von 0,32 bis 4 Kilometer in der Entfernung zwischen den Platten ergeben. Das wäre nicht genug, um die geographische Konfiguration der Kontinente signifikant zu ändern. Die Schlussfolgerung, dass die Topographie der Erde und die Höhe von Mount Everest in den letzten 40.000 Jahren relative konstant geblieben sind, ist daher vernünftig.

Viele Befürworter eines globalen Flutmodells argumentieren, dass die Berge der Erde in der Zeit vor der Sintflut viel kleiner und die Ozeane viel flacher waren, und behaupten, dass die Sintflut selbst zu einer massiven Hebung der Berge und einer Aushöhlung der Ozeane geführt hat (siehe hier und hier für zwei Beispiele). Es gibt zwei Gründe, warum man an diese Theorie zweifeln soll. Grund 1: Die tektonischen Kräfte, die solchen geologischen Änderungen—die Umgestaltung von Bergen und Meere nämlich—binnen eines Jahres verursachen könnten, wären so gewaltig gewesen, dass sie die Arche zerstört hätten. Die rasch-steigenden Wasser wären viel zu turbulent geworden. 1. Mose 7,17–20 beschreibt stattdessen wie die Wassermassen allmählich emporsteigen und erwähnt keine gewaltigen Meeresturbulenzen. 1. Mose 8,1–5 sagt uns, dass die Wasser allmählich abnahmen. Das geschieht wiederum ohne gewaltige Kräfte oder Turbulenzen. Laut Angaben des U.S. Geological Survey verurschachten die 17 gewaltigsten Erdbeben der Welt seit 1900 gewaltige Flutwellen, eine große Zahl von Todesopfern und nahezu unermessliche Sachschäden. Aber letzten Endes war die Wirkung auf die Topographie der Welt vernachlässigbar. 2. Wenn eine globale Flut in den letzten 10.000 Jahren stattgefunden hätte, hätte sie beachtliche geologische Beweise hinter sich gelassen. Die U.S. Geological Survey2 führt eine Liste der größten Fluten der letzten 15.000 Jahren oder so und der Beweis besagt, dass keine davon global war.

Um die historische Realität einer globalen Flut mit dem heutigen Stand der Wissenschaften zu versöhnen, muss man einer langen Reihe Behauptungen glauben, denen man nur schwer glauben kann. Entweder war die globale Topografie der heutigen ähnlich aber es bleibt auf der Erde nicht mehr genügend Wasser, den Globus zu bedecken (oder wir können es nicht mehr finden-1. Möglichkeit); oder das Wasser, das wir heute auf der Erde haben, war genug, den Globus zu bedecken, aber tektonische Kräfte haben die Topografie der Welt völlig geändert auf einer Art und Weise, die nicht nachweisbar ist (2. Möglichkeit). Ich will hier Gott keine Grenzen setzen und daher scheint es umsichtig, anzuerkennen, dass die Bibel eine Flut beschreibt, die Gottes Urteil gegen die Menschheit war, aber den ganzen Globus nicht bedeckt hat.

Ressourcen

Endnoten
  1. H. U. Sverdrup, Martin W. Johnson, und Richard H. Fleming, The Oceans, Their Physics, Chemistry and General Biology (New York: Prentice-Hall, 1942), 19, https://ark.cdlib.org/ark:/13030/kt167nb66r/.
  2. Jim E. O’Connor und John E. Costa, “The World’s Largest Floods, Past and Present: Their Causes and Magnitudes,” U. S. Geological Society, Circular 1254 (2004): https://pubs.usgs.gov/circ/2004/circ1254/pdf/circ1254.pdf.