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Biochemische Synonyme liefern Argumente für einen Schöpfer

Manchmal kann ich nichts dafür. Ich weiß, es ist der purste Clickbait, aber ich klicke trotzdem.

Vor einigen Tagen als Folge einer vorübergehenden Schwäche dieser Art ertappte ich mich dabei, einen Beitrag von der ScoopWhoop Webseite zu lesen, “16 Things Most of Us Think Are the Same but Actually Aren’t.”

OK. OK. Jetzt haben Sie auch den Titel gelesen und wollen den Link auch klicken.

Ich rette Sie davon, fünf Minuten Ihres Lebens damit zu vergeuden. Hier ist die Liste von ScoopWhoop:

  • Wetter und Klima
  • Schildkröte und Landschildkröte (Eng. Turtle and Tortoise- klingt besser!)
  • Konfitüre und Gelee
  • Radiergummi und Gummi
  • Groß Britannien und die VK
  • Pille und Tablette
  • Garnele und Krabbe
  • Butter und Margarine
  • Orange und Tangerine
  • Biscotti und Kekse
  • Cupcakes und Muffins
  • Champignons und Giftpilze
  • Tofu und Paneer
  • Kaninchen und Hasen
  • Alligatoren und Krokodile
  • Ratten und Mäuse

Das war’s schon. Die Liste ist nicht so beeindruckend, wirklich.

Wenn ich eine solche Liste für Biochemiker zusammenschreiben wollte, begänne ich sie mit synonyme Mutationen. Obwohl viele Naturwissenschaftler denken, sie seien genau gleich, weisen Studien darauf hin, dass sie es wirklich nicht sind.

Wenn Sie keine Idee von dem habe, worüber ich hier rede, oder was das mit der Kreation/Evolution-Debatte, gestatten Sie mir, mit einem Blick auf den Hintergrund zu beginnen. Ich fange mit dem Kerndogma der Molekularbiologie und dem genetischen Code.

Kerndogma der Molekularbiologie

Laut diesem Grundsatz der Molekularbiologie wird die in DNA-gespeicherte Information durch die Aktivitäten von Proteinen funktionell zum Ausdruck gebracht. Wenn die Maschinerie der Zelle ein spezifisches Protein erzeugen muss, kopiert sie die relevante Information aus dem DNA-Molekül durch einen Prozess namens Transkription und erzeugt ein Molekül namens Messenger-RNA (mRNA). Nachdem es gebaut wird, wandert das mRNA zum Ribosom, wo es dann die Proteinsynthese durch einen Prozess namens Translation leitet.

Abbildung 1: Das Kerndogma der Molekularbiologie. Bildquelle: Shutterstock

Der genetische Code

Auf dem ersten Blick scheint es eine Diskrepanz zwischen der in der DNA-gespeicherte Information und die Information, die in Proteinen zum Ausdruck kommt, zu geben. Eine eins-zu-eins Beziehung kann zwischen den vier unterschiedlichen Nukleotiden, woraus DNA besteht, und die zwanzig unterschiedlichen Aminosäuren, woraus Proteinen gemacht werden, nicht existieren. Die Zelle meistert diese Diskrepanz indem sie einen aus Gruppen von drei Nukleotiden bestehenden Code, die man Codons nennt, benutzt, um die zwanzig unterschiedlichen Aminosäuren festzulegen.

 

Abbildung 2: Codons. Bildquelle: Wikipedia

Die Zelle nutzt einen Regelsatz um diese Nukleotiden-Triplett-Sequenzen den zwanzig Aminosäuren, die Proteinen ausmachen, zuzuordnen. Molekularbiologen nennen diesen Regelsatz den genetischen Code. Die Nukleotiden-Triplett-Sequenzen stellen die Grundeinheiten des genetischen Codes dar. Der Code nutzt jede Kombination der Nukleotiden-Triplett-Sequenzen, eine Aminosäure zu bezeichnen. Der Code ist im Wesentlichen universell unter lebenden Organismen.

Der genetische Code besteht aus 64 Codons. Weil der Code nur 20 Aminosäuren kodieren muss, sind einige Codons redundant. Das heißt, dass unterschiedliche Codons für die gleiche Aminosäure kodieren. Die Tatsache ist, dass bis zu sechs unterschiedliche Condons manche Aminosäuren festlegen. Andere werden nur durch ein Codon festgelegt.1

Abbildung 3: Der genetische Code. Bildquelle: Shutterstock

Ein wenig mehr Hintergrund über Mutationen hilft, das Bild einzufüllen.

Mutationen

Eine Mutation ist jede Änderung, die in einer DNA-Nukleotidsequenz stattfindet. DNA kann viele unterschiedlichen Arten von Mutationen erleben. Eine häufige-vorkommende Mutationsart bilden die Substitution-Mutationen. Findet eine Substitution-Mutation statt, wird (werden) ein (oder mehrere) Nukleotiden im DNA-Strang wird durch ein anderes Nukleotid ersetzt. Zum Beispiel, ein A könnte durch G, oder ein C durch T ersetzt. Diese Substitution ändert das Codon. Interessanterweise wird der genetische Code so gebaut, dass, wenn Substitutions-Mutationen stattfinden, das daraus entstandene Codon oft die gleiche Aminosäure festlegt (wegen Redundanz) oder eine Aminosäure, die chemischen und physikalischen Eigenschaften hat, die mit denen der erst-kodierten Aminosäure vergleichbar sind.

Synonyme und Nicht-synonyme Mutationen

Wenn Substitution-Mutationen ein neues Codon erzeugen, das die gleiche, schon-kodierte Aminosäure festlegt, nennt man diese eine “synonyme Mutation”. Wenn aber eine Substitution ein Codon erzeugt, das eine andere Aminosäure festlegt, nennt man sie eine “nicht-synonyme Mutation”.

Nicht-synonyme Mutationen können schädlich sein, wenn sie eine kritische Aminosäure treffen oder wenn sie das chemische und physikalische Profil entlang der Proteinkette signifikant ändern. Wenn die Ersatzaminosäure dramatisch-unterschieidliche physiochemische Eigenschaften von denen der ursprünglichen Aminosäure hat, wird sich das Protein falsch falten. Falsches Falten beeinflusst die Proteinstruktur und ergibt ein Biomolekül mit eingeschränkter oder verlorener Funktion.

Andererseits haben Biochemiker schon lange gedacht, dass synonyme Mutationen keine Wirkung auf Proteinstrukturen und ihre Funktionen haben, weil diese Arten Mutation keine Änderungen in den Aminosäurensequenzen der Proteine bewirken. Obwohl Biochemiker denken, dass synonyme Mutationen “still” sind—ohne Konsequenzen für die Funktion also—finden Evolutionsbiologen Nutzen für sie, unter anderen, dass Muster von synonymen Mutationen evolutionären Beziehungen klarstellen können.

Muster von synonymen Mutationen und das Argument für biologische Evolution

Evolutionsbiologen halten gemeinsame genetische Eigenschaften in Organismen, die sich natürlich zusammengruppieren lassen, für den Beweis einer gemeinsamen Abstammung. Eine Eigenschaft von besonderem Interesse ist, dass man identische (oder fast-identische) DNA-Sequenzen-Muster in unterschiedlichen Genomen findet. Dieser Logik zufolge entstanden diese gemeinsamen Muster als Ergebnis einer Serie von Substitution-Mutationen, die im Genom eines gemeinsamen Vorfahren stattfanden. Man nimmt dabei an, dass, nachdem sich die unterschiedlichen evolutionären Abstammungslinien vom Nexus auseinanderentwickelten, sie die durch primordiale Mutationen hervorgebrachten geänderten Gensequenzen weitervererbten.

Synonyme Mutationen spielen eine wichtige Rolle in diesem Argument für gemeinsame Abstammung. Weil synonyme Mutationen die Aminosäuresequenzen der Proteine nicht ändern, werden ihre Wirkungen für unbedeutend gehalten. Wenn die gleichen (oder fast-gleichen) Muster von synonymen Mutationen in den Genomen von zusammen-gruppierten Organismen beobachtet werden, halten die meisten Naturwissenschaftler diesen Tatbestand für überzeugenden Beweis, dass diese Organismen eine gemeinsame Entwicklungsgeschichte teilen.

Es ist vorstellbar, dass nicht-synonyme Mutationen, die Protein-Aminosäuresequenzen ändern, eine Art Vorteil verleihen können, und daher, die gemeinsamen Muster der nicht-synonymen Mutationen, auch Beweis für gemeinsames Design verstanden werden können. (Lesen Sie den letzten Abschnitt dieses Artikels.) Aber das ist nicht der Fall für synonyme Mutationen. Das wirft die Frage auf: Warum würde ein Schöpfer neue Codonen absichtlich einführen, die für die gleiche Aminosäure in Genen kodieren, wenn diese Änderungen keinen funktionellen Nutzen haben?

Wenn man keinen Schöpfer anführt, wenn Genome durch Prozesse der Evolutionsgeschichte gestaltet wurden, sind die gemeinsamen Muster der synonymen Mutationen völlig logisch. Dieses Argument für biologische Evolution (gemeinsame Abstammung) und dieser Angriff auf ein Schöpfungsmodell (gemeinsames Design) hängen von der grundlegenden Annahme ab, dass die synonymen Mutationen keine bedeutende Funktion haben.

Aber was wäre, wenn diese Annahme nicht mehr zu verteidigen ist?

Synonyme Mutationen sind nicht frei austauschbar

Früher haben Biochemiker gedacht, dass synonyme Mutationen keinerlei Einfluss auf die Proteinenstruktur und somit keine Funktion hatten. Aber diese Sicht ändert sich heute dank Studien, wie eine, die von Forschern an der University of Colorado, Boulder durchgeführt wurde.2

Diese Forscher entdeckten synonyme Mutationen, die die Translationseffizienz eines Genes erhöhen (im Genom von Salmonella enterica). Dieses Gen kodiert für ein Enzym, dass eine Rolle im Biosyntheseweg für die Aminosäure Arginin. (Dieses Enzym spielt auch eine Rolle in der Biosynthese von Prolin.) Sie glauben, dass diese Mutationen die drei-dimensionale Struktur die DNA-Sequenz am Ansatz des kodierenden Teils des Gens ändern. Sie denken auch, dass die synonymen Mutationen die Stabilität des Messenger-RNA- Moleküls verbesserten. Beide Wirkungen würden dann zur erhöhten Translationseffizienz am Ribosom führen.

So radikal (und unerwartet) wie dieser Befund vielleicht scheinen mag, folgt er unmittelbar auf andere Entdeckungen der neusten Zeit, die auch die funktionelle Bedeutung der synonymen Mutationen erkennen.3 Grob gesagt haben Biochemiker entdeckt, dass synonyme Mutationen nicht nur die Geschwindigkeit und Effizienz der Translation (wie die Wissenschaftler der University of Colorado, Boulder gelernt haben) beeinflussen sondern auch auf das Falten der Proteine nachdem sie am Ribosom erzeugt werden.

Obwohl synonyme Mutationen die Aminosäuresequenz des Proteins unverändert lassen, können sie einen Einfluss ausüben auf, in dem sie:

  • regulatorische Regionen des Gens, die die Transkriptionsgeschwindigkeit beeinflussen
  • sekundäre und tertiäre Struktur der Messenger-RNA, die die Geschwindigkeit der Translation beeinflusst
  • stabilität der Messenger-RNA, die die erzeugte Menge Proteins beeinflusst
  • translationsgeschwindigkeit beeinflusst und damit wie Protein sich faltet, während es aus dem Ribosom ausgeschieden wird

Biochemiker beginnen nur jetzt die Bedeutung dieser Entdeckungen wirklich zu verstehen, aber es ist schon klar, dass synonyme Mutationen biomedische Folgen haben.4 Diese beeinflussen auch die Modellen für molekulare Evolution. Hier aber möchte ich nur die Bedeutung dieser Entdeckungen für die Schöpfung/Evolution-Debatte kurz beschreiben.

Muster der synonymen Mutationen und das Argument für Schöpfung

Wie schon erwähnt, viele halten die gemeinsamen genetischen Eigenschaften zusammen-gruppierten Organismen für den überzeugendsten Beweis für gemeinsame Abstammung. Wenn aber Leben das Werk eines Schöpfers ist, können die gemeinsamen genetischen Eigenschaften als Beweis für die vom Schöpfer verwendeten gemeinsamen Designs verstanden werden. Es gibt tatsächlich einen Präzedenzfall für die allgemeine Design-Interpretation. Bevor Darwin hielten Biologen die gemeinsamen biologischen Eigenschaften für Erscheinungsformen der archetypischen Designs die im Geist des Schöpfers existierten.

Aber die allgemeine Design-Interpretation verlangt, dass die gemeinsamen Eigenschaften funktionell sein müssen. (Oder, dass sie unabhängig in einem nicht-zufälligen Prozess entstehen.) Für diejenigen, die Leben aus der Sicht des evolutionären Paradigmas betrachten, entkräften die gemeinsamen Muster der synonymen Mutationen die Erklärung durch gemeinsames Design—weil man denkt, diese Mutationen für die Funktion völlig bedeutungslos seien.

Angesichts des zunehmenden Beweises für die Signifikanz der synonymen Mutationen für die Funktion des Gens aber schwindet dieser Einwand gegen das Argument des gemeinsamen Designs dahin. Obwohl viele Naturwissenschaftler die Interpretation des gemeinsamen Designs in der Biologie mit einem Handumdrehen verwerfen, stärken neue Entdeckungen in der Molekularbiologie diese Erklärung und somit sprechen sie eher für die Existenz eines Schöpfers.

Ressourcen

Endnoten
  1. Wie ich in The Cell’s Design dargelegt habe, scheinen die Regeln des genetischen Codes und die Nature der Redundanz dafür ausgelegt zu sein, Fehler in der Translation der Information aus der DNA in Proteinen, die durch Substitutions-Mutationen verursacht werden würden, zu minimieren. Diese Optimierung gilt als Beweis fürs Wirken eines intelligenten Agenten.
  2. JohnCarlo Kristofich et al., “Synonymous Mutations Make Dramatic Contributions to Fitness When Growth Is Limited by Weak-Link Enzyme,” PLoS Genetics 14, no. 8 (27.August.2018): e1007615, doi:10.1371/journal.pgen.1007615.
  3. Hier finden Sie einige repräsentativen Studien, die den synonymen Mutationen funktionelle Bedeutung zuschreiben: Anton A. Komar, Thierry Lesnik, and Claude Reiss, “Synonymous Codon Substitutions Affect Ribosome Traffic and Protein Folding during in vitro Translation,” FEBS Letters 462, no. 3 (30.November 30.1999): 387–91, doi:10.1016/S0014-5793(99)01566-5; Chung-Jung Tsai et al., “Synonymous Mutations and Ribosome Stalling Can Lead to Altered Folding Pathways and Distinct Minima,” Journal of Molecular Biology 383, no. 2 (7.November.2008): 281–91, doi:10.1016/j.jmb.2008.08.012; Florian Buhr et al., “Synonymous Codons Direct Cotranslational Folding toward Different Protein Conformations,” Molecular Cell Biology 61, no. 3 (4.Februar.2016): 341–51, doi:10.1016/j.molcel.2016.01.008; Chien-Hung Yu et al., “Codon Usage Influences the Local Rate of Translation Elongation to Regulate Co-translational Protein Folding,” Molecular Cell Biology 59, no. 5 (3.September.2015): 744–55, doi:10.1016/j.molcel.2015.07.018.
  4. Zubin E. Sauna and Chava Kimchi-Sarfaty,” Understanding the Contribution of Synonymous Mutations to Human Disease,” Nature Reviews Genetics 12 (31.August.2011): 683–91, doi:10.1038/nrg3051.