Was wäre wenn. . . ? Was wäre wenn . . . ? Konvergenz stärkt das Argument für die Schöpfung?

Ich habe gerade die Disney+ /Marvel animierte Serie What If . . . ? geschaut. Obwohl die Rezensionen für die Serie gemischt waren, habe ich sie wirklich gemocht.

Die Hauptfigur und der Erzähler in der Serie heißt The Watcher (“der Beobachter” auf Deutsch). Er ist Mitglied einer mächtigen Gruppe Außerirdischen, die wichtige Ereignisse im Multiversum beobachten aber einen Eid geschworen haben, nie einzugreifen. The Watcher beschreibt die Ereignisse aus anderen Zeitlinien im Marvel Multiversum und bemerkt, wenn ein einziges Ereignis sich anderswie ereignet hätte, hätte die Zukunft einen radikal-anderen Verlauf genommen. Jede Folge stellt die Frage: Was wäre wenn?

Zum Beispiel:

  • Was wäre, wenn Captain Carter statt Steve Rogers das Supersoldatenserum genommen hätte und dadurch der erste Avenger geworden wäre?
  • Was wäre, wenn Killmonger Tony Stark das Leben gerettet hätte?
  • Was wäre, wenn Ultron und nicht die Avengers gewonnen hätte?

Schließlich werden Zuschauer dieser Disney+ Serie mit einer tiefsinnigen Frage konfrontiert: Sind wir nur Teil einer historischen Kontingenz in der Entfaltung unseres Universums? Oder lenken Sinn und Schicksal unsere Leben?

Historische Kontingenz
Manche Evolutionsbiologen sind der Auffassung, dass das Kernkonzept von Marvels What If . . . ? Serie den Fortgang der Evolution auch definiert. Das heißt, die Evolution des Lebens auf der Erde hat sich historisch kontingent entfaltet.

Einer der führenden Vertreter dieser Idee war der Evolutionsbiologe Stephen Jay Gould. In seinem Buch, Wonderful Life, stellt Gould die folgende Metapher vor, die den Evolutionsvorgang versinnbildlichen soll: “das Videoband des Lebens zurückspülen”: Wenn man die Rückspültaste drücken könnte, die Geschichte des Lebens löschen und dann das Band wieder laufen lassen würde, wären die Ergebnisse jedes Mal völlig anders. Mit anderen Worten: Der Fortgang der Evolution soll sich nie wiederholen. Und selten soll er den gleichen Endpunkt erreichen.

Für Gould ist die Grundlage dieser Metapher die Idee, dass der Evolutionsfortgang aus einer erweiterten Reihenfolge von unberechenbaren, zufälligen Ereignissen besteht, genauso wie die unterschiedlichen Zeitlinien des Marvel Multiversums. Wenn auch eins dieser Ereignisse geändert würde, würde diese Änderung die Evolution in eine andere Bahn lenken.

Gould gründete sein Konzept der historischen Kontingenz auf sein Verständnis der Mechanismen, die evolutionäre Änderungen treiben. Seit Goulds erster Beschreibung der historischen Kontingenz haben viele Studien seine Sicht bestätigt. (Siehe die Liste der Artikel unter Weiterführende Lektüre für Beschreibungen einiger repräsentativen Studien.) Forscher haben experimentell nachgewiesen, dass, wenn der Evolutionsvorgang die Geschichte wirklich beschreibt, muss er historisch kontingent sein.

Eine gescheiterte Vorhersage des evolutionären Paradigmas
Nimmt man das Konzept der historischen Kontingenz für gegeben an, scheint es unwahrscheinlich, dass die Bahnen der Evolution zu identischen oder fast-identischen Ergebnissen führen würden. Aber aus dem Blickpunkt der Evolution betrachtet, scheint es, dass sich wiederholende Ergebnisse oft in der Geschichte des Lebens vorkommen. Dieses Phänomen—das man Konvergenz nennt—ist weitverbreitet. Evolutionsbiologen Simon Conway Morris und George McGhee weisen in ihren jeweiligen Büchern, Life’s Solution und Convergent Evolution, darauf hin, dass identische Ergebnisse in der Evolution ein kennzeichnendes Merkmal im Reich der Biologie sind. Wissenschaftler sehen diese scheinbar wiederholten Ergebnisse auf der ökologischen, organismalen, biochemischen und genetischen Ebene.

Mit anderen Worten: Biologen haben zwei widersprüchliche Beobachtungen innerhalb des Rahmens der Evolution gemacht: (1) Vorgänge der Evolution scheinen historisch kontingent zu sein, und (2) evolutionäre Konvergenz ist weitverbreitet. Mit Laufe der Zeit entdecken Wissenschaftler mehr und mehr Beispiele der Konvergenz.

Noch ein Beispiel von Konvergenz
Neue Arbeit eines großen Teams wissenschaftlicher Mitarbeiter hat noch ein bemerkenswertes Beispiel von Konvergenz entdeckt. Das Team zeigte, dass—aus Sicht der Evolution—gewisse Anpassung am Leben im Wasser in Nilpferde und in Walen zwei Mal unabhängig entstanden sind und zwar um zwei auseinander legenden Zeiten in der Geschichte des Lebens. 1

Stammbäume der Evolution, die von DNA-Sequenzdaten abgeleitet wurden (molekulare Phylogenien), zeigen, dass Wale (Cetaceen) und Nilpferde (Hippopotamidae) Schwestergruppen sind, d.h. sie müssen einen gemeinsamen Urahn geteilt haben. Darüber hinaus lassen sich Wale auf Grund von DNA-Sequenzvergleichen in der Artiodactyl-Gruppe (Säugetiere mit einer ebenen Zahl von Zehen) einordnen.

Interessant hier ist aber, dass die von den anatomischen Daten herausgelesenen evolutionären Beziehungen eine ganz andere Evolutionsgeschichte erzählen. Morphologische Phylogenien (Stammbäume der Evolution auf Grund von anatomischen Merkmalen) schließen Wale aus der Artiodactylgruppe aus und ordnen Nilpferde in die Gruppe mit Schweinen und Nabelschweinen ein.

Aquatische Säugetiere wie sie sind, teilen Wale und Nilpferde viele morphologische Eigenschaften und viele Verhaltensmuster:

  • Haarlose Körper
  • Keine Talgdrüsen
  • Keine skrotalen Hoden
  • Geburt unter Wasser
  • Unterwasser Erkennung der Richtcharakteristik von Schallwellen

Aus evolutionärer Sicht und bezugnehmend auf die kontingente Natur des Evolutionsvorgangs ist die effizienteste Erklärung, dass diese gemeinsamen Eigenschaften in dem gemeinsamen Urahn der Wale und Nilpferde entstanden sind.

Um diese Erwartung zu bestätigen hat sich das Forschungsteam auf Gene konzentriert, die an Hautentwicklung und Hautbiologie beteiligt sind. Sie stellten aber erstaunt fest, dass die aquatischen Anpassungen von Walen und Nilpferden aus der Inaktivierung von den gleichen 10 Genen resultierten. Sie haben auch gelernt, dass diese Gene in den zwei Gruppen unabhängig und zu unterschiedlichen Zeiten in der Evolutionsgeschichte inaktiviert wurden. Die Inaktivierung fand in dieser Evolutionsgeschichte 16 Millionen Jahren früher in Cetaceen als in Nilpferde. Mark Springer, der leitende Autor der Studie sagte: “Keine der inaktivierenden Mutationen deutet auf eine gemeinsame aquatische Abstammung der zwei Abstammungslinien hin.”2

Typischerweise beeinflusst ein einziges Gen mehr als eine biologische Eigenschaft und jede Eigenschaft entsteht aus der integrierten Expression mehreren Genen, die in Netzwerken organisiert sind. Der Genverlust in Walen und Nilpferden muss sehr koordiniert gewesen sein. Desto erstaunlicher ist der Gedanke, dass dieser koordinierte Verlust der Gleichen 10 Genen in Walen und Nilpferden unabhängig stattfand.

Auch erstaunlich ist die Tatsache, dass die Konvergenz der Anpassung der Haut in Walen und Nilpferden sich auf der anatomischen und genetischen Ebene manifestiert. Dieser Befund ist unerwartet. Wenn wir Konvergenz auf der anatomischen Ebene sehen, würden wir angesichts der historisch-kontingenten Natur des Evolutionsvorgangs nicht unbedingt erwarten, dass sie vom Verlust der gleichen Genensatz getrieben wurde.

Obwohl ein einziges Beispiel der Konvergenz—so bemerkenswert es auch zu sein scheint—eine Erklärung der Entstehung des Lebens durch die Evolution nicht verfälscht, die große Anzahl der Fallbeispiele erregt Verdacht bezüglich der Tragfähigkeit des aktuellen Denkens über Evolution als die Erklärung für die Entstehung des Lebens.

Konvergenz und das Argument für einen Schöpfer
Konvergenz passt nur sehr unbeholfen in den Rahmen der Evolution aber sie macht absolut Sinn, wenn ein Schöpfer das Leben entstehen ließ. Statt die Entstehung der konvergenten Eigenschaften durch die unwahrscheinliche Wiederholung evolutionärer Ereignisse erklären zu müssen, könnten sie als das Werken eines göttlichen Geistes verstehen. Die wiederholte Entstehung biologischer Eigenschaften stammt aus der wiederholten Schöpfungstaten eines intelligenten Agenten, der einen gemeinsamen Satz von Lösungen, die einen gemeinsamen Satz von Problemen anpacken, mit denen ungleiche Organismen konfrontiert werden.

Konvergenz und Strukturalismus
Manche Biologen wie Simon Conway Morris aber deuten das weitverbreitete Auftreten von Konvergenz als das Entlarven vom Unerwarteten im Evolutionsvorgang. Statt historisch-kontingent zu sein, wo die Ergebnisse des Ganzen von der Wechselwirkung der natürlichen Auslese und zufälligen Ereignissen beeinflusst werden, denken sie, dass die Ergebnisse der Evolution von den Naturgesetzen erzwungen und im Grunde vorgeschrieben werden. Dieses Modell heißt Strukturalismus.

Conway Morris druckt es so aus: “Es ist jetzt eine verbreitete Ansicht, dass die Geschichte des Lebens wenig anders ist als ein kontingentes Gewirr, in dem katastrophale Massenartensterben, die für eine Gruppe die Auslöschung sind, die Türe für andere Unfälle der Geschichte öffnen . . . Aber was wir über Evolution wissen, deutet genau das Gegenteil an: Konvergenz ist überall und die Randbedingungen fürs Leben machen die Entstehung unterschiedlicher biologischen Eigenschaften sehr wahrscheinlich, wenn nicht unausweichlich.” 33

Mit anderen Worten: Physikalische Kräfte überwältigen die natürliche Auslese völlig und lenken die Entwicklung von Organismen. Manche Strukturalisten gehen so weit, dass sie behaupten, dass die Urformen der natürlichen Welt—”Die Typen”—in der Natur immanent sind, und dass sie durch ein Ensemble von Naturgesetzen der Biologie, die so-genannten “Gesetze der Form”, bestimmt werden.

Diese Sicht des Evolutionsvorgangs hat interessante Folgerungen. Eine der provokantesten ist, dass sie die Teleologie in die Biologie wieder einführt. Betrachtet man die Evolution als historisch-kontingent, ist sie ungesteuert und nicht gelenkt. Sie hat keinen Sinn. Sie hat kein Endziel. Wenn aber Strukturalismus stichhaltig ist—wie die weite Verbreitung der Konvergenz andeutet—dann läuft der Evolutionsvorgang auf ein vorbestimmtes Ziel zu und Teleologie durchdringt die Evolutionsgeschichte des Lebens.

Insofern wird es etwas unheimlich, wenn man denkt, dass die Gesetze der Natur, die diese biologischen Formen bestimmen, auch Formen ergeben, die genau richtig sind, genau diejenigen, die notwendig sind, um diese Vielfalt von Leben auf der Erde zu unterstützen. In diesem Rahmen widerspiegelt biologische Konvergenz die Unausweichlichkeiten des Evolutionsvorgangs—Ergebnisse, die vorherbestimmt waren, bevor der Evolutionsvorgang begann. Eine Deutung dieser Tatsachen ist, dass ein göttlicher Geist das Universum so ausgerüstet hat, dass Leben nicht nur unausweichlich ist, sondern auch, dass nur die Lebewesen im Evolutionsvorgang je entstehen können, die vom Schöpfer gewollt sind.

Alle Straßen führen zum Schöpfer
Obwohl ich mich nicht unbedingt dem Strukturalismus anschließen —stattdessen denke ich, dass Konvergenz durch das direkte Handeln des Schöpfers entsteht— finde ich die Idee faszinierend. Das allgegenwärtige Vorkommen der Konvergenz überall in der Biologie führen zu einem einzigen Schluss: Ein Geist steckt dahinter. Egal ob man einen Schöpfungsmodell/Design-Ansatz oder evolutionären Ansatz in der Biologie nimmt, bleibt die notwendige Rolle eines Schöpfers in der Geschichte des Lebens unausweichlich—ohne wenn und aber.

Weiterführende Lektüre

Endnoten

  1. Mark S. Springer et al., “Genomic and Anatomical Comparisons of Skin Support Independent Adaptation to Life in Water by Cetaceans and Hippos,” Current Biology 31, no. 10 (Mai 24, 2021): P2124–2139.E3, doi:10.1016/j.cub.2021.02.057.
  2. American Museum of Natural History, “Skin Deep: Aquatic Skin Adaptations of Whales and Hippos Evolved Independently,” ScienceDaily (April 1, 2021), https://www.sciencedaily.com/releases/2021/04/210401112857.htm.
  3. Simon Conway Morris, Life’s Solution: Inevitable Humans in a Lonely Universe (New York: Cambridge University Press, 2003), 283.