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Existieren superbewohnbare Planeten?

Angesichts der Schwierigkeiten, die wir Menschen haben, die Ressourcen der Erde zu verwalten, so dass Leben weiterhin gedeihen kann, fragen sich viele, ob wir die Erde verlassen und einen besseren Planeten besiedeln können. Gibt es Planeten, die noch bewohnbarer als die Erde sind? Drei Astronomen, Dirk Schulze-Makuch, René Heller, und Edward Guinan haben eine wissenschaftliche Abhandlung veröffentlicht, worin sie 24 Planeten auflisten, die möglicherweise als “superbewohnbare” Planeten einzustufen seien. 1 Selbstverständlich hat diese Arbeit im Internet für Aufregung gesorgt.

Kriterien für Superbewohnbarkeit
Die drei Astronomen argumentierten, wenn gewisse Eigenschaften der Sonne, Erde und des Mondes geändert würden, wäre die Erde noch bewohnbarer als sie schon ist. Daher würde eine Suche nach Stern-Mond-Planeten-Systeme mit genau diesen besseren Eigenschaften auf superbewohnbare Welten treffen.

Eine kleinere Sonne
Die Geschwindigkeit mit der ein Stern seinen nuklearen Brennstoff verbraucht steht im Verhältnis zu seiner Masse. Aus dieser Tatsache schlussfolgert das Forschungsteam, dass Leben auf einem Planeten in der Umlaufbahn eines Sternes, der kleiner als die Sonne wäre, besser gedeihen würde. Dieser Planet hätte womöglich einen längeren Zeitraum, wo seine Oberflächentemperatur passend für Leben wäre. Aber Sterne, die weniger als die Hälfte einer Sonnenmasse haben, erleben häufig tödliche Superflares. Die drei schlussfolgern, dass superbewohnbare Planeten um Sterne kreisen werden, die zwischen 0,5 und 1,0 Sonnenmassen haben und älter als 1 Jahrmilliarde sind.

Größere Erde
Biomasse und Artenvielfalt sind durch die für den Lebensraum verfügbare Oberfläche eingeengt. Daher schlussfolgert das Team, dass Leben besser auf einem Planeten gediehen würde, der größer als die Erde ist. Sie argumentieren auch, dass ein massiverer Planet eine dickere Atmosphäre haben würde, was die Existenz von mehr fliegende Spezies erlauben würde. Aber es ist bekannt, dass Planeten, die 50% mehr Masse als die Erde haben, sehr dicke Atmosphären haben, so dick wie die von Neptune. Diese Atmosphären haben auch die falsche Komposition fürs Leben. Die drei schlussfolgern, dass superbewohnbare Planeten um die 10% größer als die Erde sein und zwischen 1,0 und 1,5 Erdmassen haben würden.

Größere Gezeitenkräfte
Der Mond übt Gezeitenkräfte auf der Erde aus, die diverse Lebensräume entlang Küsten von Kontinenten und Inseln entstehen lassen. Auf dieser Grundlage schlagen die drei Wissenschaftler vor, dass Leben auf einem Planet durch Gezeitenkräfte, die starker sind, als was der Mond auf der Erde jetzt ausübt, begünstigt werden könnte.

Andere Eigenschaften
Zusätzlich zu diesen drei Haupteigenschaften der Superbewohnbarkeit schlägt das Astronomenteam vor, dass Leben Nutzen davon haben würde wenn: (1) mehr von der oder die ganze Oberfläche so feucht und warm wäre, wie der Amazon Dschungel, (2) die Atmosphäre einige Prozentpunkte Sauerstoff mehr hätte und (3) die Landmassen in kleineren Kontinenten und Inseln mit dazwischenliegenden flachen Meeren verteilt wären. Sie erwähnen auch, dass der Planet ein starkes Magnetfeld sehr viele Milliarden Jahren lang und starke aber nicht zu starke Plattentektonik aufrechterhalten musste.

Kandidaten für den Titel “Superbewohnbarer Planet”
Das Exoplanet Catalog (aufgerufen am 07.Oktober.2020) stellt eine Liste von 4.357 extrasolare Planeten, deren Existenz durch Beobachtung bestätigt wurde. 2 Das Team hat diesen Katalog und viele Kataloge von möglichen (unbestätigten) Planeten durchgekämmt, um eine Liste von 24 möglichen “superbewohnbaren” Planeten zusammen zustellen. Sie warnen ihre Leser aber, dass, wegen der mit den Eigenschaften dieser fernen Planeten verbundenen hohen Fehlmessungswahrscheinlichkeit, diese 24 Planeten nur als “mögliche Kandidaten” sind. Noch dazu: Bis jetzt wurde die Existenz von nur 2 dieser 24 Planeten, Kepler 1126b und Kepler 69c, statistisch bestätigt.

Was wissen wir wirklich über die Eigenschaften dieser zwei Planeten? Der Heimatstern von Kepler 1126b hat 0,92 Sonnenmassen. Kepler 1126b ist der einzige bekannte Planet in seinem Sonnensystem. Das heißt, dass es keine Gasriesen im System gibt. Kepler 1126b hat eine Umlaufperiode von 108,6 Tage, einen Durchmesser 69% größer als der der Erde und seine Masse wird auf 3,64 Erdmassen geschätzt. 3 Kepler 1126bs Heimatstern erfüllt also die Kriterien dieser Astronomen aber der Planet selbst erfüllt ihre Kriterien für superbewohnbare Planeten nicht. Darüber hinaus bedeutet die Abwesenheit von Gasriesen im System, dass der Planet intensives Bombardement von Asteroiden und Kometen ausgesetzt sein wird.

Der Heimatstern von Kepler 69c hat eine Masse von 0,81 Sonnenmassen aber der Stern is nur etwa 400 millionen Jahren alt und ist deutlich weniger reich an Elementen schwerer als Helium wie die Sonne ist. Der Durchmesser von Kepler 69c ist 1,69 Erdendurchmesser, seine Umlaufperiode 242,5 days und seine Exzentrizität 0,14. Seine Masse wird auf 6 Erdmassen geschätzt. Daher erfüllt weder Kepler 69c noch sein Heimatstern die Kriterien dieser drei Astronomen.

Wie gültig sind die Kriterien für Superbewohnbarkeit?
Ist es wirklich wahr, dass Sterne, die leicht weniger massiv als die Sonne ihren Planeten eine bessere mögliche Bewohnbarkeit bieten? Es ist wahr, dass Sterne massiver als die Sonne ihren nuklearen Brennstoff verbrauchen, bevor mikrobielles Leben genug Zeit, einen Planeten auf fortgeschrittenes Leben und das Äquivalent vom Menschen vorzubereiten. Aber Sterne, die ein winziges bisschen massiver oder weniger massiv als die Sonne sind, werden nie ein genügendes Zeitfenster haben, das die folgenden wichtigen Entwicklungen zulassen würden: Die Helligkeit des Sterns muss lang genug stabil bleiben und seine Eruptionsaktivität niedrig genug, um die mögliche Entwicklung einer Zivilisation auf einem Planeten zuzulassen. In einem früheren Artikel habe ich die Gründe warum und die bestätigenden Beobachtungen dargelegt. 4

Ein zweiter Grund warum ein Stern nicht weniger Massiv als die Sonne sein kann, ist, dass die Helligkeit eines Sterns mit etwas der vierten Potenz seiner Masse fällt. Daher muss ein Planet, der um einen Stern, der weniger massiv als die Sonne ist, kreist, näher an den Heimatstern sein, wenn er bewohnbar sein soll. Die engere Nähe an den Stern bedeutet aber, dass der Planet intensiverer Strahlung von Sonneneruptionen ausgesetzt sein wird.

Viel problematischer aber ist, dass der Planet viel stärkeren Gezeitenkräften vom Stern ausgesetzt sein wird. Diese Gezeitenkräfte wachsen mit der inversen vierten Potenz der Entfernung zwischen dem Stern und Planeten. Daher muss ein Stern nur leicht weniger massiv als die Sonne sein, bevor die Wirkung der vom Stern ausgeübten Gezeitenkräften auf den potenziell-lebenserhaltenen Planet seine Rotationsdauer so verlangsamt, dass die Entstehung vom Leben auf dem Planeten ausgeschlossen wird. Die Tatsache ist, dass die Erde sich auf die Minimaldistanz von der Sonne befindet, um so eine Katastophe zu vermeiden. Venus ist es nicht und hat eine Rotationsdauer von 243 Tage.

Ein Mond massiver als unser Mond würde stärkere Gezeitenkräfte ausüben und diese könnten mehr Lebensraum für gewisse Meerestiere schaffen. Aber ein massiverer Mond würde auch die Rotationsperiode des Heimatsplaneten verlangsamen. Eine langsamere Rotationsdauer würde viel mehr Lebensraum ausschliessen und, wenn viel langsamer, den ganzen Lebensraum. Der gewonnene Meereslebensraum durch stärkere Gezeitenkräfte würde in Wirklichkeit nicht entstehen.

Ein weiteres Problem mit einem massiveren Mond ist, dass, wenn der Mond der Erde nur 2% massiver wäre, würde die Achsneigung der Erde instabil werden. Statt sich um nur ±1 Grad hin und her zu neigen, würde die Rotationsachse hin und her neigen mit mehreren zehn Grad. 5 Solche gewaltige Bewegung würde Klimaänderungen verursachen, die für Leben katastrophal wären.

Genauso wie ein größerer Mond einen Planeten nicht bewohnbarer macht, wird der Planet nicht bewohnbarer, wenn er größer wird. Ein massiverer Planet wird eine weit dickere Atmosphäre zu sich sammeln. Die Tatsache ist, die Erde ist so massiv, dass sie mit einer Atmosphäre und Hydrosphäre begann, die 200-mal dicker waren, wie sie jetzt ist. Ein extrem seltenes und sehr fein abgestimmtes Ereignis war notwendig —das Ereignis war die Kollision eines Planeten mit 11–15% der heutigen Masse der Erde mit der Proto-Erde— die die Atmosphäre und Hydrosphäre der Erde zur heutigen sehr dünnen Schichten abgestreift hatte. (Diese Kollision bildete auch unseren Mond.) Eine leicht dickere Atmosphäre würde einigen Tieren das Fliegen leichter machen, aber eine viel dickere Atmosphäre würde es nicht tun. Je dicker die Atmosphäre, desto mehr Energie verlangt das Atem von einem Tier. Lungen funktionieren nicht mehr unter einem Atmosphärendruck, der drei Mal größer als der Atmosphärendruck der heutigen Erde ist.

Die Superbewohnbarkeit der Erde
Wenn wir andere Eigenschaften und nicht nur Größe, Gezeiten, Atmosphären und Entfernungen in Betracht ziehen, ist die Erde sehr außergewöhnlich. Als Folge von vielen außerordentlichen Designeigenschaften des Erdinneren ist der interne Wärmefluss der Erde noch sehr hoch.6 Diese Eigenschaft ist wichtig, weil Bewohnbarkeit auf Dauer starke und andauernde Plattentektonik verlangt. So dass solche Aktivität möglich bleibt, muss sich eine dünne, halb-geschmolzene Schicht der Asthenosphäre von niedriger Viskosität auf eine feinabgestimmte Tiefe unter der Planetenoberfläche befinden, wo die Erdkrüste aus rigiden Platten besteht. So dass eine solche Asthenosphäre und solche Platten existieren können, muss eine fein-abgestimmte Menge Wasser ständig von der Planetenoberfläche in den Erdmantel runtergezogen werden. Dort dient das Wasser als Schmiermittel für die sehr hoher Wärmefluss aus der Kern-Mantel-Grenze in die Asthenosphäre. Darüber hinaus: so dass Wasser, das in den Mantel runtergezogen wird, die Viskosität der Asthenosphäre weit genug runter bringen kann, müssen Krüste und Mantel eine sehr hohe Abundanz von Aluminum besitzen. 7

Erde ist sehr Aluminium-reich. Die Kruste der Erde hat 31,9 mal so viel und der Mantle 8,3 mal so viel Aluminium wie der Durchschnitt für Gesteinskörper im Universum. Auch wenn ein anderer Planet irgendwie den gleichen Wärmefluss wie die Erde hätte, hängen die Aluminium Abundanz und die fein-abgestimmte Menge an Wasser, das bis auf eine genau abgestimmte Tiefe in der Asthenosphäre runtergezogen wird, von der Masse des Planeten ab. Für Planeten größer als die Erde wird die Asthenosphäre zu tief sein, dass die notwendigen Krustenplatten existieren und sich gegen einander bewegen könnten. Für Planeten, die kleiner als die Erde sind, würde die Asthenosphäre auf einer zu flachen Ebene befinden.

Diese Forschung hat schon im Internet für lebhafte Gespräche gesorgt aber letzten Endes zeigt sie wissenschaftlich, dass die Bewohnbarkeitskriterien für Planeten binnen sehr engen Grenzen liegen. Ein superbewohnbarer Planet existiert. Er ist einzigartig, kreist um einen einzigartigen Stern und wird von einem einzigartigen Mond umkreist. Man muss nicht lange raten, bis man auf den Namen dieses Planeten tippt.

Endnoten
  1. Dirk Schulze-Makuch, René Heller, and Edward Guinan, “In Search for a Planet Better Than Earth: Top Contenders for a Superhabitable World,” Astrobiology 20, published ahead of print (18.September.2020), doi:1o.1089/ast.2019.2161.
  2. Exoplanet TEAM, The Extrasolar Planets Encyclopaedia, “Catalog,” updated 7.Oktober.2020, http://exoplanet.eu/catalog/.
  3. NASA, “EXOPLANET CATALOG: Kepler-1126 b” (web page), accessed1.Oktober 1.2020, https://exoplanets.nasa.gov/exoplanet-catalog/4949/kepler-1126-b/; Exoplanet TEAM, “Catalog.”
  4. Hugh Ross, “It Takes a Dull Star to Have a Great Party,” Today’s New Reason to Believe (blog), 6.Juli.2020, /todays-new-reason-to-believe/read/todays-new-reason-to-believe/2020/07/06/it-takes-a-dull-star-to-have-a-great-party.
  5. Dave Waltham, “Anthropic Selection for the Moon’s Mass,” Astrobiology 4 (Winter 2004): 460–68, doi:10.1089/ast.2004.4.460; Hugh Ross, Improbable Planet (Grand Rapids: Baker, 2016): 56–58, https://support.reasons.org/purchase/improbable-planet.
  6. Hugh Ross, “Earth’s Furnace Is Ideal for Life,” Today’s New Reason to Believe (blog), 20.Januar.2020, /todays-new-reason-to-believe/read/todays-new-reason-to-believe/2020/01/20/earth-s-furnace-is-ideal-for-life.
  7. Katrin Mierdel et al., “Water Solubility in Aluminous Orthopyroxene and the Origin of Earth’s Asthenosphere,” Science 315, no. 5810 (19.Januar. 2007): 364–68, doi:10.1126/science.1135422.